Wir Bündnisgrüne stehen ganz entschieden für soziale Gerechtigkeit.
Alle Menschen sollen ihre Persönlichkeit frei entfalten können.
Wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung, Menschen in Not zu unterstützen.
Die ehrenamtlich Helfenden und Initiativen, die sich bei uns für Geflüchtete einsetzen, sollen noch mehr Unterstützung erhalten.
Die Unterbringung Geflüchteter in Wohnungen statt in Sammelunterkünften soll auch in Zukunft in der Prignitz praktiziert werden.
Gute Bildungschancen von Anfang an. Wertschätzung und Förderung von Kindern und Jugendlichen für eine gute Entwicklung in der Prignitz.
Der Schutz der biologischen Vielfalt fängt in den Kommunen an.
Eine medizinische Grundversorgung steht allen Menschen in der Prignitz zu.
Die Krankenhäuser in Perleberg und Pritzwalk sind dafür unverzichtbar.
Der Ausbau des ÖPNV – sinnvoll getaktet und verknüpft – kann in Zukunft für mehr Menschen in der Prignitz eine barrierefreie Alternative zum Auto bieten.
Zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen können wir in der Prignitz einen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel leisten.
Durch ihre Schönheit und die einzigartige Lage zwischen Hamburg und Berlin eignet sich die Prignitz für den Ausbau eines naturnahen Tourismus.
Wir haben viel Potenzial für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.
Die Überschüsse aus Wind- und Solarenergie für die Ansiedlung von Industrien, Wasserstofferzeugung, Energiespeichern und Rechenzentren.
Es beginnt – in entschiedener Absetzung gegenüber dem Nationalsozialismus - mit der Kernaussage: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Und bekennt sich zu unverletzlichen Menschenrechten, in denen es die Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft sieht. Niemand dürfe wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse*, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seiner Behinderung, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt werden. Jeder habe das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Klimawandel, Artensterben, der russische Krieg gegen die Ukraine, Energiekrise, Migrationsströme mit politischem oder Klimahintergrund, erfordern Reaktionen und auch Umbrüche, die bei vielen Bundesbürgerinnen und –bürgern zu Unsicherheiten und auch Ängsten führen. Hier wurden von vergangenen Bundesregierungen wichtige Schritte unterlassen, und die jetzige, deren Koalitionsvertrag mit „Mehr Fortschritt wagen“ überschrieben ist, hat erhebliche Schwierigkeiten, sich auf ein verträgliches Verständnis ihrer Ziele „Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ zu verständigen und eine konsequente gemeinsame Linie zu finden.
Die Bundesrepublik ist – ebenso in Absetzung gegenüber dem Nationalsozialismus - eine repräsentative Demokratie. Das heißt, die politischen Entscheidungen werden nicht direkt durch das Volk, sondern durch von ihm gewählte Repräsentanten getroffen. Die Ablehnung des „Parteienstaats“ durch brandenburgische Landtagskandidaten vom rechten Rand zielen daher offenbar auf die Abschaffung der Demokratie – unter Nutzung eines formal demokra-tischen Wegs.
Es ist nicht nur Aufgabe des Staates, sondern auch aller seiner Bürgerinnen und Bürger, die unverletzlichen Menschenrechte des Grundgesetzes zu praktizieren und die verfassungsgemäße Ordnung zu schützen
Die Zahlen der gewählten Prignitzerinnen und Prignitzer in den Parlamenten der verschiedenen Ebenen sind sehr unterschiedlich. Im Bundestag ist die Prignitz nicht vertreten, im Brandenburger Landtag gibt es drei Prignitzer Abgeordnete. Fest ist die Zahl der Mandate auf der Kreis- und Gemeindeebene: Bei der kommenden Wahl sind 46 Sitze im Kreistag, 324 Sitze in den Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen und 276 Sitze für Ortsbeiratsmitglieder zu besetzen, insgesamt also 646 Sitze. Das heißt: Auf der Kreis- und Gemeindeebene werden die 76.000 Prignitzerinnen und Prignitzer durch 0,85 Prozent von ihnen vertreten. Diese sind fest gewählt für fünf Jahre und haben ein freies Mandat, entscheiden also nach der Wahl unabhängig von ihren Wählerinnen und Wählern.
Wofür stehen wir Grüne?
Wir stehen für demokratische Kommunen, für Offenheit und Vielfalt, Toleranz und Respekt, für soziale Gerechtigkeit und die Förderung der Möglichkeit aller, ihre Persönlichkeit im Rahmen der Gesetze frei zu entfalten. Wir positionieren uns klar gegen Rechts und arbeiten auf der kommunalen Ebene mit anderen demokratischen Parteien zusammen, um den Einfluss rechtsextremer Gruppierungen zu minimieren. Wir bemühen uns, auf allen für die kommunale Ebene bedeutenden Handlungsfeldern zukunftsträchtige und sozial gerechte und gemeinschaftsfördernde Wege zu finden und diese auch in die Parlamente, in denen wir vertreten sind, einzubringen. Wir setzen im eigenen Kreisverband wie auch in den Gremien auf eine offene und einladende Diskussions- und Entscheidungskultur.
Was kann man bei Wahlen zur Unterstützung der Ziele der Grünen tun?
Die Antwort klingt banal, ist es aber nicht: Man sollte die grünen Kandidatinnen und Kandidaten dort, wo sie kandidieren, wählen. Leider ist das auf Landesebene nicht selbstverständlich. Bei der Landtagswahl 2019 ergaben die letzten beiden Wahlumfragen vor der Wahl: SPD 21,5 %, AfD 21,0 %, CDU 16,75 %, Linke 14,5 %, Grüne 14,25 %. Die AfD drohte also, zur stärksten Partei zu werden. Das ließ ganz offensichtlich einen Anteil derer, die unmittelbar vor der Wahl noch links oder grün wählen wollten, SPD wählen, damit diese stärkste Partei würde. Auch die AfD bekam, wohl aus demselben Grund, nur andersherum, noch Zulauf. Ergebnis: Gegenüber den letzten beiden Umfragen vor der Wahl bekam die SPD + 4,7 Prozentpunkte, die AfD + 2,5 %, die CDU – 1,15 %, die Linke – 3,8 % und die Grünen – 3,45 %.
Die dann gebildete Koalition aus SPD, CDU und Grünen hätte mit dem Wahlumfrageergebnis 52,5 % bekommen, die SPD hätte den Ministerpräsidenten gestellt. Mit dem tatsächlichen Wahlergebnis hat dieselbe Koalition 52,6 % bekommen, mit demselben Ministerpräsidenten. Aber die Grünen waren beträchtlich geschwächt mit entsprechenden Auswirkungen auf die Politik der letzten fünf Jahre wie auch auf den Umgang der Koalitionäre untereinander. Auch für die kommende Wahl gilt laut brandenburgischer Verfassung: Nicht die Partei mit den meisten Stimmen stellt den Ministerpräsidenten, sondern die Koalition, die eine hinreichende Mehrheit hat.
Es ist auch nicht so, dass die meistgewählte Partei die Landtagspräsidentin oder den Landtagspräsidenten stellt. Auch diese werden vom Landtag frei gewählt (s. Artikel 69 der brandenburgischen Verfassung und § 11 der Geschäftsordnung des Landtags). Es gibt also keinen strategischen Grund, statt Grün die SPD zu wählen.
Ansonsten gilt auf kommunaler Ebene: Dort, wo niemand von den Grünen kandidiert, das wählen, was ihnen am nächsten kommt. Auf jeden Fall aber wählen, um das demokratische Lager zu stärken!
Was kann man zur Unterstützung, zur Korrektur oder zum Inbewegungsetzen der Gewählten zwischen den Wahlen tun?
Wahlumfragen …
zwischen den Wahlen wie auch sonstige Umfragen haben einen erheblichen Einfluss auf das Handeln von Gewählten. Das gilt in erster Linie auf der Regierungsebene von Bund und Ländern. Zu den Umfragen kann allerdings die oder der Einzelne überhaupt nichts aus eigener Initiative beitragen. Ein wenig aber zu den Stimmungen, die zu den jeweiligen Umfrageergebnissen führen. Zum einen, indem man die eigene Information aus seriösen Medien bezieht. Zum anderen, indem man News, die einem berichtet werden und bei denen man zweifelt, ob sie tatsächlich stimmen, über Faktencheck-Portale überprüft. Angesichts der Häufigkeit, dass solche News gefaket sind, verringert sich die Hemmung, zumindest sein Gegenüber zu fragen, wo denn diese seltsame Nachricht her ist, oder, wenn man’s besser weiß, zu widersprechen.
Demonstrationen und Kundgebungen
Für Bürgerinnen und Bürger am einfachsten zugänglich sind Demonstrationen und Kundgebungen. Zuletzt gab es in der Prignitz Demonstrationen zur Verteidigung der Demokratie gegen Rechtsaußen in Perleberg, Wittenberge und Pritzwalk, die wir sehr begrüßt haben, und an denen sich auch jeweils eine Reihe grüner Mitglieder, in Perleberg auch mit einem Redebeitrag, beteiligt haben. Diese reagierten, wie in zahlreichen deutschen Städten – darunter Anfang Februar in Berlin mit nach Polizeiangaben über 150.000 Teilnehmenden - im wesentlichen auf die hohen Umfrageergebnisse für die AfD insbesondere in den östlichen Bundesländern.
Sie reagierten aber auch auf über längere Zeit stattfindende und breiten Raum einnehmende Proteste von Bauern und sich zum Teil daran anschließenden Handwerkern und Spediteuren, die politisch nach rechts zum Teil sehr offen und über mit Stiefeln behängte Ortsschilder auch langzeitpräsent waren. Sehr öffentlichkeitswirksam und bei einem Großteil der Bevölkerung durch den Eingriff in ihre Bewegungsfreiheit unübersehbar waren die Straßenblockaden, gesteigert noch durch die sehr medienwirksamen und politisch hoch effektiven Konvois mit großvolumigen Traktoren. Hätte jede und jeder Zweite der 150.000 in Berlin gegen Rechts Demonstrierenden einen solchen Traktor einsetzen können, und hätte jeder Traktor im Konvoi 10 m Straßenlänge beansprucht, hätte das einen Konvoi von 750 Kilometern ergeben. Damit hätte man allein mit diesen 150.000 von jedem Punkt in Deutschland aus die gesamte Strecke bis Berlin füllen können.
Demonstrationen sind ein elementares demokratisches Instrument. Aber das ihnen beigemessene öffentliche Gewicht hält sich leider nicht immer an die grundgesetzliche Gleichgewichtigkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es wäre gut, wenn die Medien und die Verantwortlichen in der Politik das etwas ausbalancierten.
Bürgerinitiativen …
sind eine außerordentlich wichtige Organisationsform von Bürgerinnen und Bürgern, in der Regel zur Verhinderung oder zur Veränderung raumwirksamer Planungen und Vorhaben. So gab oder gibt es in der Prignitz Bürgerinitiativen gegen 60 km geplante Hochspannungsfreileitung und stattdessen für deren Erdverkabelung, gegen den Bau der A 14, gegen eine Hähnchenmastanlage mit 400.000 Mastplätzen, für den Erhalt einer wertvollen großen innerdörflichen Allee, gegen geplante Mülldeponien, gegen die Ausweisung bestimmter wohngebäudenaher oder naturräumlich empfindlicher Windeignungsgebiete oder zur stärkeren Bürgerbeteiligung am Bau oder der Verhinderung einer sehr großen Biogasanlage.
In aller Regel ist die Arbeit in einer Bürgerinitiative mit der Erarbeitung von sehr viel Sachverstand sowohl hinsichtlich der konkreten Auswirkungen von Vorhaben als auch hinsichtlich der juristischen Sachverhalte, der Entscheidungswege und der Öffentlichkeitsarbeit verbunden. Und sie verlangt viel Zähigkeit und Ausdauer. Unter den oben genannten BI’s gibt es erfolgreiche sowie solche, die das zu vermeidende Übel im Maße des Möglichen zumindest abgemildert haben. Ein großer Wert von Bürgerinitiativen ist die oft enge Zusammenarbeit mit auch ferneren Nachbarn, aus der sich auch Freundschaften entwickeln können.
Es gehört zu den Grundprinzipien von Bürgerinitiativen, gegenüber jeglichen Institutionen, also auch Verwaltungen und Parlamenten oder Personen aus diesen unbedingt unabhängig zu sein. Es kann sehr hilfreich sein, von diesen unterstützt zu werden, und zum Teil sogar notwendig, diese zu gewinnen, aber die Unabhängigkeit muss so weit wie möglich gewahrt bleiben.
Die Brandenburgische Verfassung (BbgVerf) sowie die Brandenburgische Kommunalverfassung (BbgKVerf), beide im Internet zu finden, sehen auch Formen der direkten Bürgereinflussnahme auf parlamentarische Diskussionen und Entscheidungen vor:
Petitionen
„Jeder hat das Recht, sich in Gemeindeangelegenheiten mit Vorschlägen, Hinweisen und Beschwerden einzeln oder gemeinschaftlich an die Gemeindevertretung oder den Bürgermeister zu wenden. Der Einreicher ist innerhalb von vier Wochen über die Stellungnahme zu den Vorschlägen, Hinweisen oder Beschwerden zu unterrichten. Ist dies nicht möglich, erhält er einen Zwischenbescheid.“ (§ 16 BbgKVerf)
Einwohnerantrag / Bürgerbegehren / Bürgerentscheid
Mit einem Einwohnerantrag können die Einwohner die Sachbehandlung einer Gemeindeangelegenheit in der Gemeindevertretung erzwingen (s. § 14 der BbgKVerf). Der Aufwand hierfür ist aber so groß, dass es wesentlich praktikabler erscheint, die Sache über ein Mitglied oder Mitglieder der Gemeindevertretung auf die Tagesordnung zu bringen.
Über ein Bürgerbegehren kann eine Bürgerinitiative einen Antrag an die Gemeindevertretung stellen, einen Bürgerentscheid zu einer konkreten Frage (etwa der Einrichtung einer Busverbindung oder dem Bau eines Spielplatzes) durchzuführen. Den Antrag müssen mindestens 10 % der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet haben. Ist der Antrag zulässig (in Brandenburg sind eine ganze Reihe von Angelegenheiten für einen Bürgerentscheid ausgeschlossen), folgt ein Bürgerentscheid. Dessen Ergebnis hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung (s. § 15 BbgKVerf).
Volksinitiative / Volksbegehren / Volksentscheid
Auf Landesebene können Bürgerinnen und Bürger nach einem maximal dreistufigen Verfahren aus Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid im Landtag eigene Anträge zur Abstimmung vorlegen. Das Verfahren ist außerordentlich aufwändig. Für die erste Stufe sind 20.000 Unterschriften erforderlich. Lehnt der Landtag den entsprechenden Antrag ab, wird eine zweite Stufe, das Volksbegehren, erforderlich. Hierfür werden 80.000 Unterschriften verlangt. Lehnt der Landtag den wieder vorgelegten Antrag erneut ab, folgt als dritte Stufe der Volksentscheid. Bei diesem kann der Landtag dem Volksbegehren einen Alternativantrag entgegensetzen. Über das Volksbegehren und ggfs. den Alternativantrag wird wie bei einer normalen Kommunal- oder Landtagswahl in Wahllokalen abgestimmt. Der Volksentscheid ist erfolgreich, wenn die Mehrheit der Abstimmenden mit „ja“ stimmt und diese Mehrheit ein Viertel aller Abstimmungsberechtigten ausmacht. Liegt dem Antrag ein Gesetzentwurf zugrunde, gilt das Gesetz als beschlossen. Enthält der beschlossene Antrag hingegen nur eine Aufforderung an die Landesregierung, in einer bestimmten Weise tätig zu werden, hat das zwar eine starke politische Signalwirkung, ist aber weder für den Landtag noch die Regierung bindend (s. Artikel 76-78 BbgVerf).
Sich per Unterschrift an Volksinitiative und Volksbegehren und per Abstimmung am Volksentscheid zu beteiligen, kann je nach Ziel der Aktion sehr sinnvoll sein. All dies juristisch, logistisch und finanziell einwandfrei zu formulieren und zu organisieren, bedeutet allerdings einen ganz außerordentlichen Aufwand.
In Brandenburg hat es bisher nur zwei Volksentscheide gegeben:
Sachkundige Einwohnerinnen und Einwohner
Sowohl im Kreistag als auch in den Vertretungen von Städten und Gemeinden gibt es die Möglichkeit, als „sachkundiger Einwohner“ in einem Fachausschuss beratendes Mitglied zu sein. Sie werden durch das entsprechende Parlament berufen. Sie dürfen im Prinzip alles wie die Vollmitglieder inklusive des Stellens von Anträgen, sind aber nicht stimmberechtigt (s. § 43 (4) BbgKVerf). Aktiv mitberaten und –diskutieren sowie eigene Anträge stellen zu können bedeutet, ohne sich an die doch zum Teil sehr umfangreiche Arbeit eines regulären Mitglieds zu binden, auf dem Gebiet eigener besonderer Sachkunde und besonderen Interesses Ideen einbringen und auch etwas bewegen zu können. Wir halten diese Möglichkeit für eine sehr gute und von Grünen-Mitgliedern auch genutzte Einrichtung.
Beteiligung der Öffentlichkeit an Sitzungen
Dies ist eine aus unserer Sicht stark bearbeitungsbedürftige demokratische Baustelle. In § 36 (2) BbgKVerf heißt es: „Die Sitzungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner es erfordern.“ Öffentlich heißt: Zum öffentlichen Teil der Sitzungen des Plenums wie der Ausschüsse sind Einwohner als Gäste zugelassen. Deren Rederecht ist aber – das steht aber nicht in der BbgKVerf - in aller Regel auf den Tagesordnungspunkt „Einwohnerfragestunde“ beschränkt, der, wie sein Name sagt, zum Fragen gedacht ist, aber, wenn er überhaupt genutzt wird, wegen geringer Nachfrage in aller Regel nur sehr kurz ist.
In der BbgKVerf kommt die Einwohnerfragestunde nur an einer Stelle vor: „Die Gemeinde beteiligt und unterrichtet die betroffenen Einwohner in wichtigen Gemeindeangelegenheiten. Zu diesen Zwecken sollen Einwohnerfragestunden, Einwohnerversammlungen, Einwohnerbefragungen oder andere Formen kommunaler Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden.“ (§ 13 BbgKVerf)
In der Praxis beschränkt sich das Frage- und Rederecht der Gäste auf diesen Tagesordnungspunkt, der in der Regel vor den inhaltlichen Tagesordnungspunkten kommt (zu denen die Gäste vorher die Beschlussvorlagen einsehen können (§ 36 (4) BbgKVerf). Interessiert Gäste also der Inhalt von Tagesordnungspunkt 6, können sie anfangs der Sitzung Fragen dazu stellen und Anregungen und Vorschläge machen und zum TOP 6 auch noch sitzen bleiben. Aber während des TOPs 6 dürfen sie in der Regel nichts mehr sagen, gleich, welche Entwicklung dessen Behandlung nimmt. Dies Verfahren schreibt die Kommunalverfassung so nicht vor, sie zeigt aber mit ihrem Begriff „Einwohnerfragestunde“, dass an eine aktive Einwohnerbeteiligung nicht gedacht ist.
Wir halten es entgegen diesem Verfahren für dringend erforderlich, es den Gästen neben der „Einwohnerfragestunde“ auch in allen anderen öffentlichen Tagesordnungspunkten zu ermöglichen, zum jeweiligen TOP Fragen zu stellen, Meinungen zu äußern und Anregungen zu geben. Das ist schon praktiziert worden, mit dem Ergebnis, dass die Sitzungen sich dadurch nahezu nicht verlängerten und auch, dass durchaus auch hilfreiche Anregungen gegeben wurden. Und in Fällen, in denen, z.B. im Zusammenhang mit dem Bau von Windenergieanlagen, eine ganze Reihe von Gästen kam (das ging bis zu 30, 40 Gästen), und diese auch einen erheblichen Informations- und Diskussionsbedarf hatten, wurde in dem TOP entsprechend lang debattiert. Ggfs. wurde von vornherein auch ein größerer Sitzungssaal aufgesucht. In allen Fällen hielt sich, auch durch eine besonnene Sitzungsleitung , immer alles in gedeihlichem Rahmen, auch dann, wenn dann gefasste Beschlüsse nicht dem Wunsch der Gäste entsprachen.
Nichts in der Kommunalverfassung steht einer solchen Handhabung von Öffentlichkeit entgegen. Eine solche Praxis ist wesentlich demokratischer als die strikte Trennung von Gemeindevertretern und Gemeindevertretenen. Jede Gemeindevertretung und jeder Ausschuss kann das für sich so beschließen, und wenn es sich erfolgreich eingespielt hat, sollte es auch in den Paragraphen der Hauptsatzung aufgenommen werden, der die Beteiligung der Einwohner regelt.
Dies gilt im Prinzip auch für den Kreistag und seine Ausschüsse. Der sollte sich aus seiner faktischen Abgehobenheit auf den Boden des Landkreises herabbewegen und sich in den einzelnen Tagesordnungspunkten den Fragen, Stellungnahmen und Vorschlägen der Prignitzerinnen und Prignitzer öffnen.
Zur Beteiligung der Öffentlichkeit an den Sitzungen gehört dringend auch, dass sie sich auf der Website der Gemeinde und des Kreistags nicht nur über die Tagesordnung und die Beschlussvorlagen informieren kann, sondern auch wichtige nicht vertrauliche Unterlagen, die den zu fassenden Beschlüssen zugrundeliegen, einsehen kann.
Stärkere Einschränkung der Nichtöffentlichkeit
Der Satz in § 36 (2) BbgKVerf, dass die Öffentlichkeit in den Sitzungen dann auszuschließen ist, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner es erfordern, hat in aller Regel zur Folge, dass, sobald es um einen Vertrag geht, die Angelegenheit automatisch in den nichtöffentlichen Teil geschoben wird. Man geht davon aus, dass der Vertragspartner zweifelsfrei ein berechtigtes Interesse daran hat, dass der Vertrag vertraulich behandelt wird – auch dann, wenn der Vertrag beträchtliche öffentliche Auswirkungen hat. Das wird zum Beispiel bei städtebaulichen Verträgen automatisch so gehandhabt.
Wir sind der Auffassung, dass es in solchen und ähnlichen Verträgen nur sehr beschränkte Punkte gibt, an deren Vertraulichkeit der Vertragspartner ein berechtigtes Interesse hat. Und dass die Belange des öffentlichen Wohls - zu denen ganz wesentlich eine so weit wie möglich transparente Handhabung von Verträgen gehört - so gewichtig sind, dass die Behandlung auch solcher Verträge weitestgehend in den öffentlichen Teil gehört.
Es sollte also der Vertragspartner rechtzeitig gefragt werden, welche Stellen im Vertrag er als wirklich notwendig vertraulich sieht. Diese sollten in einer öffentlichen Version des Vertragsentwurfs geschwärzt oder sonstwie unlesbar gemacht werden. Das verbleibende Dokument wird dann im öffentlichen Teil der Sitzung diskutiert. Derselbe Tagesordnungspunkt kommt dann nochmal in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung und wird dotz anhand der schwärzungsfreien Version beschlossen.
Eine solche Handhabung macht der Verwaltung und den Abgeordneten mehr Arbeit, ist aber wesentlich demokratischer als die bisherige Praxis. Die Gäste sehen so nicht nur, worum es geht, sondern auch, wie die von ihnen Gewählten oder nicht Gewählten argumentieren. Auch diese Handhabung ist mit der Kommunalverfassung verträglich. Sollte die für Zweifelsfragen zuständige Kommunalaufsicht des Kreises dem widersprechen, sollte eine Klärung auf Landesebene gesucht werden.
„Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen“ (§ 18a BbgKVerf)
Auf einen Antrag der grünen Landtagsfraktion hin kam der § 18 a in die brandenburgische Kommunalverfassung. In der Antragsbegründung hieß es: „In der Realität werden leider zu oft die Bedürfnisse und die Meinungen von Kindern und Jugendlichen bei Entscheidungen, die diese betreffen, nicht berücksichtigt und das meist hohe Engagement der Kinder und Jugendlichen nicht genutzt. Vor allem sind die bisherigen Beteiligungs- und Vermittlungsprozesse kaum geeignet, Kinder und Jugendliche an die Politik heranzuführen und diese zu befähigen, ihre Einwände und Ideen einzubringen. Auch weil Gemeinden dies meist nicht als pflichtige Aufgabe ansehen.“ Entsprechend müsste den Gemeinden ihre bereits bestehende Verpflichtung zur Entwicklung und Durchführung geeigneter und altersgerechter Verfahren zur angemessenen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen verdeutlicht werden.
Der § 18 a besteht aus vier Absätzen, der erste davon lautet: „Die Gemeinde sichert Kindern und Jugendlichen in allen sie berührenden Gemeindeangelegenheiten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte.“ Im zweiten steht, dass die (von den Gemeinden zu beschließende) Hauptsatzung bestimmt, welche Formen der Mitwirkung geschaffen werden und dass Kinder und Jugendliche an der Entwicklung der Formen angemessen zu beteiligen sind.
Das ist in den Hauptsatzungen der Ämter und Gemeinden teils sehr gut, teils überhaupt nicht gut geregelt, und wir möchten anregen, einmal in die Hauptsatzung des Amts oder der Gemeinde am eigenen Wohnsitz zu sehen (ist über deren Website zugänglich), inwieweit diese den Absichten des § 18 a gerecht wird und gegebenenfalls auf Verbesserung zu drängen.
Einwohnerversammlungen und Einwohnerbefragungen
Auch diese Formate werden in der BbgKVerf nur einmal erwähnt. Ihre jeweilige Ausformung findet sich wieder in den Hauptsatzungen von Ämtern und Gemeinden. Bei allen größeren Vorhaben, an denen Ämter und Gemeinden in irgendeiner Weise beteiligt sind, sollten sie – die Einwohnerversammlungen gegebenenfalls auch unter neutraler und professioneller Moderation - genutzt werden.
* Die grüne Bundestags-Fraktion hat im Juni 2021 beantragt, den Begriff ‚Rasse‘ zu streichen.